Oft, leider zu oft, musste ich mir in der Vergangenheit während eines Spiels der deutschen Jugend bei einem internationalen Turnier gegen einer der „Großen“ überlegen, mit welcher abgedroschenen Phrase man wohl heute den Bericht beginnen sollte. Begriffe wie „nicht schon wieder“ „deja vu“ „gut gepielt, aber knapp gescheitert“ sind viel zu häufig gefallen.

Aber nicht heute. Diesmal ist alles anders. Diesmal heißt es: GEWONNEN.

Wie sagte schon der große Philosoph Sven Huhnholz vor dem Spiel auf die Frage, ob wir heute gewinnen können: „Wenn wir mehr Runs scoren als die Holländer, dann ja.“

Und wir scorten mehr Runs. 8:7, ein historischer Sieg gegen die Niederlande.

Auf die extremen Körperunterschiede im Wrestling angesprochen sagte Bret Hart, ein berühmter Wrestler, einmal,: „Am Boden sind sie alle gleich groß.“ Was im Wrestlingbusiness Show ist, wurde heute in Brno Realität. Die Holländer wurden durch Kampfgeist auf den Boden der Tatsachen geholt und waren plötzlich schlagbar

Schon das Spiel am Vortag zwischen Holland und Schweden zeigte, dass die Holländer nicht unantastbar waren. Intensives Scouting durch Ulli Wermuth und seine Crew, die jeden Pitch mittrackten, war dafür verantwortlich, dass die deutsche Mannschaft optimal vorbereitet in das heutige Spiel ging.

Und es begann alles nach Wunsch, aber mit einigem Zittern. Starting Pitcher Benjamin Thaqi sorgte mit seinem Infield für zwei schnelle Groundouts, ehe der erste Runner der Holländer mit einem Bang-Bang Play an 1st Base Safe gecalled wurde. Ein weiteres Single und ein Walk luden die Bases für die Holländer, aber 1st Baseman Wolfgang Reitter machte souverän das dritte Groundout.

Im Nachschlag setzte die deutsche Jugend den holländischen Starting Pitcher gleich unter Druck. Ein Single von Lucas Dickmann und ein RBI Triple von Jerome Dunford führten zum 1:0, Jerome scorte auf einen passed Ball zum 2:0

Auch im zweiten Inning sorgten zwei schnelle Groundouts für eine sicheres Gefühl, aber ein hoher Flugball landete im Handschuh des Outfielders zum vermeintlichen dritten Aus. Doch das viel zitierte Loch im Handschuh war wohl dafür verantwortlich, dass der Ball irgendwie seinen Weg in Richtung Erde fand und der vorher gewalkte Runner der Holländer verkürzte auf 1:2.

In der unteren Hälfte des zweiten Innings gelang Starting Pitcher Benjamin Thaqi durch ein Bloop Single an die erste Base und erhöhte durch ein RBI Single von Jerome Dunford auf 3:1. Spätestens jetzt merkte man, da geht heute was. Aber sowohl die Holländer als auch die deutschen Nerven hatten zwischenzeitlich etwas dagegen.

Zwar konnten die Deutschen im dritten Inning mit einem wunderschönen Doubleplay für zwei schnelle Aus sorgen, aber zwei Hits in das manchmal unglücklich agierende Outfield brachten die Holländer auf 2:3 heran.

Ein Doubleplay der Holländer und ein Groundout im dritten Inning verhinderten weitere Runs der Deutschen und das ungute Gefühl aus den letzten Jahren machte sich langsam wieder bemerkbar.

Dies verstärkte sich, als im vierten Inning die Holländer zwei harte Singles Richtung Outfield schlugen und die Holländer dadurch ausgleichen konnten. Ein RBI Groundout brachte sogar die erstmalige Führung (4:3) für die Holländer.

Ein Walk für Lucas Dickmann, ein Double von Jerome Dunford und ein Walk für Kevin Kane luden die Bases für Max Greim und der schlug einen Ball in die Erde. Ganz offensichtlich dachte Lucas Dickman, der als Läufer an 3rd Base stand, der Ball würde foul gehen und zögerte für einen kurzen Moment. Dieses Zögern reichte den Holländern aus, um für das Forced Out an Home zu sorgen. Elias van Garzen ließ die Bases Loaded Situation aber nicht ungenutzt für die Deutschen liegen. Mit einem harten 2-Out RBI Single durchs Infield glich er zum 4:4 aus.

Wie geplant, löste in der oberen Hälfte des fünften Innings Sascha Koch den bis dahin klug und effizient pitchenden Bejamin Thaqi auf dem Mound ab. Sascha wurde direkt mit zwei harten Singles begrüßt. Ein Linedrive in den Hanschuh von 3rd Baseman Kevin Kane sorgte für das erste Aus und das zweite Aus wurde verschenkt. Gedankenschnell warf Kevin den Ball zur Second Base, um das Doubleplay durchzuführen, da beide Läufer sich beim Linedrive zu weit von den Bases gelöst hatten. Der Ball konnte nicht unter Kontrolle gebracht werden, das mögliche und so wichtige Doubleplay konnte nicht komplettiert werden.

Drei Error, mentale Fehler und verpasste Chancen dunkle Wolken schienen aufzuziehen. Und als ob es damit nocht nicht genug gewesen wäre, bestrafte ein weiteres Single die Deutschen mit der erneuten Führung für die Holländer zum 5:4.

10 Pitches, 3 Aus, das war der Verlauf der unteren Hälfte des fünften Innings für die Deutsche Mannschaft.

Ein Walk, eine Stolen Base, ein Wild Pitch und ein Error im Infield scorten den gewalkten Runner und die Niederlande baute ihre Führung auf 6:4 in der oberen Hälfte des sechsten Inning aus. Alles schien seinen normalen und fast schon gewohnten Gang zu gehen….aber heute hatten die deutschen Jugend etwas dagegen.

Unwissend um die Geschichtsträchtigkeit ihres Unterfangens zeigten sie großen Kampfgeist in der unteren Hälfte des sechsten Innings. Offenbar hatten sie aus Boca Chica den Wahlspruch „Nunca te rindes“ verinnerlicht.

Cool bis unter dem Capschirm und mit viel Geduld holten sich Lucas Dickmann und Jerome Dunford zwei Walks ab und die Holländer wechselten ihren vierten Pitcher ein. Ein weiterer Walk für Kevin Kane und die Bases waren wieder einmal für Max Greim geladen, bei keinem Aus. Diesmal schlug unser Bayer einen harten Groundball Richtung First Base und direkt an dessen Handschuh vorbei. Lucas Dickman und Jerome Dunford konnten scoren. Ausgleich zum 6:6, Läufer auf 1st und 3rd, noch immer kein Aus.

Ein Delay Steal, Verwirrung bei den Holländer, ein verunglückter Wurf des holländischen Shortstops und Deutschland führt mit 7:6. Ein Single von Wolfgang Reitter, der seinen eigenen schwedischen Fanclub besaß, brachte Max Greim an die dritte Base, ein weiteres RBI Single von Elias van Garßen sorgte sogar die 8:6 Führung in der unteren Hälfte des sechsten Innings.

Aber auch die Holländer wollten sich nicht so leicht geschlagen geben. Ein Single, ein Double und ein weiteres Single und die Niederlande verkürzte auf 7:8. Sascha Koch behielt bei Läufer an 1st und 3rd die Nerven und strikte den nächsten Batter aus. Für das letzte Aus beorderte Head Coach Georg Bull Max Greim auf den Mound und der blieb cool, wie es nur ein Bayer sein kann. 3 Pitches, ein Groundball zu 2nd Baseman Lucas Dickman, der fielded sicher und wirft denn Ball zum historischen letzten Aus nach 1st Base.

GAME OVER. Zum ersten Mal in der Geschichte bezwang eine deutsche Nationalmannschaft bei einem internationalen Turnier die Niederlande.

Fazit
3 Error, mentale Fehler und verpasste Chancn ließen ein Spiel, was man in den Händen hatte, fast kippen. Aber im Gegensatz zu den Vorjahren ließen sich die Jungs weder vom Rückstand noch vom Namen Niederlande beeindrucken oder aus dem Konzept bringen. Die Mannschaft hat sich nie aufgegeben oder hängen lassen und bis zum Schluß Siegeswillen gezeigt.

Letztendlich wurde die Mannschaft, aber auch die Coaches und Betreuer, mit einem tollen Sieg belohnt.

Bericht von Wolfgang Schulz – Weitere Infos gibt es auf der DBA Seite, Live Ticker auf der CEB Seite