Bundestrainer Greg Frady besuchte im Januar die DBV Academy in Paderborn. Die Redaktion von Baseball-Softball.de nutzte die Gelegenheit für ein Gespräch über die zurückliegende Baseball-WM in Panama, die Entwicklung von Max Kepler und Donald Lutz, die DBV Academy, einen Ausblick auf die in diesem Jahr anstehenden Turniere sowie die Chancen von Max Schmitz an der Georgia State University.

Baseball-Softball.de: Ein kurzer Rückblick auf die Baseball-WM 2011. Die Resultate zeigten es nicht, aber Deutschland wurde für ihre Leistung von den anderen Teams gelobt. Was haben Sie von der WM mitgenommen?

Foto: Gregor Eisenhuth

Greg Frady: Ich denke, dass das Team bei der Baseball-WM gute Arbeit geleistet hat. Sicherlich fehlten die Resultate. Wir wollen keine Ausreden vorschieben, aber man sollte sich auch anschauen, wo die Mannschaft sich derzeit befindet und wie sehr sie sich weiterentwickelt hat. Vor fünf Jahren hätten wir in der Hälfte der Spiele nicht so gut abgeschnitten. Mit Ausnahme von einer Partie, waren wir wettbewerbsfähig und haben guten Baseball gespielt. Es spielten bei der WM andere Faktoren eine Rolle, die Reiseprobleme und die fehlende Vorbereitung war unfair den Spielern gegenüber. Ich denke, dass die Mannschaft immer versucht hat gut zu spielen und ein gutes Resultat für Deutschland zu erreichen. Dies nicht zu tun, war für alle von uns sehr schwierig, sowohl für uns Coaches, als auch die Spieler. Aber ich denke, dass wir mit erhobenem Haupt in dem Turnier agiert, mehr Respekt erlangt und den Verband weiter nach vorn gebracht haben.

Baseball-Softball.de: Beobachter vor Ort sprachen vor allem über das gute Spiel von Donald Lutz und Max Kepler, sowohl offensiv als auch defensiv. Wie sehen Sie ihre Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren und was für Hindernisse erwarten die beiden Talente in der Zukunft?

Greg Frady: Nun ja, man sieht bei beiden schnell, was sie für großes Talent besitzen. Sie haben etwas Spezielles. Donald hat jetzt schon „Big League Power“ und das ist etwas Besonderes. Jedes MLB Team braucht jemanden mit dieser Größe, der in der Mitte der Batting Order eingesetzt werden kann, der von links schlägt, der Homeruns schlagen kann. Jeder braucht so einen Spieler. Ich denke, dass dies auch einer der Hauptgründe ist, warum er in den 40-Spieler-Kader der Reds aufgenommen wurde. Er ist der erste deutsche Spieler überhaupt, der diesen Level erreicht. Das ist ein fantastischer Meilenstein und wir sind sehr stolz. Wir sind alle Fans von Donald auf dem Weg nach oben und wir wünschen ihm alles Gute. […..] Was seine Weiterentwicklung angeht. Er hat viel Kraft, muss aber seine Strikeouts verringern. Das wird er aber mit mehr Spielpraxis und mehr At-Bats erreichen. Er muss sein Defensivspiel verbessern. Momentan ist er in erster Linie ein Hitter und erst danach ein Verteidiger. Dies muss er ausgeglichener gestalten. Ein Hitter und Verteidiger mit derselben Priorität. Wenn er in der National League bleibt, dann wird er First Base spielen und muss daher seine Defensive verbessern. Er ist ein sehr guter Athlet und ist bereits sehr gut, muss sich aber weiter verbessern.

Max Kepler ist erst einmal sehr jung. Er hat Talent in allen fünf Bereichen. Und ich sage das nicht oft über einen Spieler. Ich war vor allem darüber überrascht – ich denke dies ist das richtige Wort – wie viel Kraft er besitzt. Ich denke, ich erwartete alles, mit Ausnahme der Kraft. Ich war erstaunt. Vor allem in seinem jungen Alter. Normalerweise entwickelt man dies erst später. Wenn es ihm gelingt, die Power noch weiterzuentwickeln, dann kann er ein „Big Leaguer“ werden und nicht nur das, sondern sogar ein All Star. Dies ist unglaublich für mich, weil ich so was nicht oft sage. Aber er spielt das Spiel mit einer großartigen Leichtigkeit, mit einer Art, wo er heraussticht und es ist aufregend ihn spielen zu sehen. Die Dinge, an denen er noch arbeiten muss. Er ist immer noch ein junger Spieler. Jeder Aspekt seines Spiels braucht noch Verbesserung. Eine Sache, die für ihn herausfordernd sein wird, ist die Fähigkeit sich über lange Zeiträume zu konzentrieren. Ich habe in den Spielen festgestellt, dass er hochkonzentriert anfängt, aber dann gibt es wieder Phasen in denen er anscheinend nur reagiert und darauf wartet, dass etwas passiert. Mit dem Alter und dem erwachsen werden denke ich aber, dass er eine Führungsrolle übernehmen wird. Im Gegensatz zum jetzt, wo er eher ein junger Typ ist, der vor allem beobachtet. Aber er ist ein spektakulärer Spieler, der die Chance hat, sich zum besten Spieler der deutschen Baseballgeschichte zu entwickeln. Ich denke, wir alle sind Fans von Max, weil er die reelle Chance hat ein „Big Leaguer“ zu werden.

Baseball-Softball.de: Hatten Sie die Chance sich die Spieler der Niederlande bei der WM anzuschauen und was bedeutet der Erfolg für den europäischen Baseball?

Greg Frady: Ich hatte nicht die Chance, die Holländer persönlich zu sehen, aber ich schaute mir ihre Spiele im Fernsehen an, da wir uns in zwei verschiedenen Gruppen und in verschiedenen Teilen des Landes befanden. Warum hatten sie so viel Erfolg? In erster Linie haben sie gute Spieler. Aber was auch wichtig ist: Sie haben eine gute Organisation. Sie werden gut gecoacht. Sie sind gut organisiert. Sie beobachten gut. Sie arbeiten an den fundamentalen Dingen. Sie können trainieren und dies auch zusammen als Team. Es ist ein großer Vorteil in Europa, wenn man dies machen kann. Ich kann nur sagen, dass ich neidisch darauf bin. Weil wir in Deutschland nicht diese Voraussetzungen haben.

Was bedeutet dies für den europäischen Baseball? Ich bin ein großer Fan des niederländischen Teams. Ich mag ihre Coaches, ihre Organisation. Ich kenne viele ihrer Spieler. Anfangs nahm ich Holland bei derartigen Turnieren, ob es nun die WM, ein Olympia Qualifier oder das World Port Tournament ist, eher als großen Rivalen wahr. Aber jetzt sehe ich sie eher als anderes europäisches Land, für das ich die Daumen drücke. Natürlich nicht, wenn wir gegeneinander spielen. Aber ich habe großen Respekt vor dem holländischen Team, weil sie wirklich hart arbeiten und versuchen Baseball bestmöglich zu spielen. Ich war ein großer Fan des WM-Titels. Als das Turnier vorüber war, schickte ich Robert Eenhoorn, Brian Farley und Steve Janssen meine Glückwünsche per Email und gratulierte ihnen nicht nur zum Gewinn des WM-Titels, aber auch zu der Arbeit, die sie in den letzten zehn Jahren geleistet haben und wie sie das Team in die Position für den Erfolg brachten. Und nun die Früchte ernten zu können, das ist fantastisch.

Baseball-Softball.de: Sprechen wir über die diesjährige DBV Academy. Als Sie hierher kamen und das Programm sahen, was waren ihre Erwartungen?

Greg Frady: Vor allem die Teilnehmeranzahl an der DBV Academy ist wirklich angewachsen. Dies ist besonders für mich sehr wichtig, um zu sehen, wie viele Leute mittlerweile an Baseball interessiert sind und wie wir wachsen. Und die Leute kommen nicht mehr nur hierher um besser Baseball zu spielen, sondern auch um zu lernen besser zu coachen, wie man ein besserer Organisator in ihrem Verein wird. Die Umpire haben Fortbildungen um besser zu werden. Die Scorer arbeiten daran, sich zu verbessern. Insgesamt kann man sagen, dass alle beteiligten Personen im deutschen Baseball daran arbeiten sich zu verbessern. Die Referenten sind fantastisch. Sie sind weltweit anerkannt. Die deutschen Coaches und Spieler erhalten erstklassige Informationen und tauschen sich aus. Ich freue mich immer nach Deutschland zu kommen, um über Baseball zu reden. Ein Teil der DBV Academy zu sein, ist eine große Ehre und mir gefällt es sehr.

Baseball-Softball.de: Schauen wir auf die Saison 2012. Es stehen zwei wichtige Turniere für Deutschland auf dem Programm, die Europameisterschaft und der World Baseball Classic Qualifier. Sie werden höchstwahrscheinlich direkt hintereinander ausgetragen. Was sind die Herausforderungen und Schlüssel zum Erfolg?

Greg Frady: 2012 ist das neunte Jahr, das ich mit dem Team verbringen werde. Jedes Jahr, seitdem ich hier bin, haben wir die Aussage getroffen, dass dies das wichtigste Jahr für den deutschen Baseball ist. Aber nun kann man wirklich sagen, dass 2012 das wichtigste Jahr in der Geschichte des deutschen Baseballs sein wird. Es wird eine große Herausforderung. Zuerst die Europameisterschaft. Es war schon immer mein Grundsatz, dass das Fundament für das deutsche Team in Europa liegt. Denn wenn man wettbewerbsfähig ist und an der Spitze im europäischen Baseball steht, dann kann man sich den anderen Dingen zuwenden, den anderen Turnieren weltweit und unserem Platz im World Ranking. Über die Zeit können wir daran arbeiten. Aber wir können nicht unsere Stellung im europäischen Baseball verlieren.

Ich denke, dass das Herausfordernde dabei ist, das Tschechien besser wird. Frankreich wird besser. Großbritannien ist unberechenbar in einer Weise dass man nicht weiß, wen sie im Kader haben. Griechenland ist nicht einschätzbar, weil man nicht weiß wer kommt. Wir haben bei der letzten EM gesehen, dass Spanien nicht so stark ist, aber wir wissen auch, dass sie stark zurückkommen werden und ein schwieriger Gegner sind. Die Niederlande haben bei der WM gerade den Titel geholt und kommen als Weltmeister. Italien kommt als Europameister. Ich schaue in unsere Gruppe und es wird eine große Herausforderung für das deutsche Team, um erneut auf einem hohen Level zu spielen. Ich weiß, was wir können, aber alle bisherigen Europameisterschaften sind Geschichte. Die einzige die zählt, ist die gerade anstehende.

Im Moment sind wir dabei auszuarbeiten, wie wir uns am besten darauf vorbereiten. Eine Sache die vor der WM schieflief, war die fehlende Vorbereitung. Dies hängt vom Budget ab. Wir denken und hoffen, dass wir zwei oder drei Vorbereitungsspiele vor der EM ansetzen können. Und wir konzentrieren uns voll und ganz auf die EM. Das wird wichtig. Unser Ziel ist es, da hin zu gehen und einen guten Job abzuliefern und unseren Platz an der Spitze des europäischen Baseballs zu verteidigen. Für mich ist es schwierig zu sagen, wir werden Erster, Sechster oder Zwölfter, niemand weiß das. Ich denke nämlich, dass der europäische Baseball insgesamt so gut geworden ist, wie noch nie zuvor.

Und danach kümmern wir uns um die World Baseball Classic. Dies sind auch zwei komplett verschiedene Turniere. Wir wissen, wo die EM stattfindet, wer unsere Gegner sein werden, wissen was unsere Gegner können und ich kann mich darauf vorbereiten. Ich weiß aber nicht, wo die World Baseball Classic sein wird, wann sie gespielt wird, ich kenne unsere Gegner nicht und ich weiß nicht wie unser Team aussehen wird. Dies sind viele verschiedene Dinge, die es schwierig machen zu planen. Wir sprechen viel über Strategie, über die World Baseball Classic, aber die Europameisterschaft kommt an erster Stelle. Dort liegt unsere Konzentration im Moment. Ich weiß, dass es gut für den deutschen Baseball wäre, wenn wir den Qualifier gewinnen und die World Baseball Classic erreichen können. Ich werde alles in meiner Macht Mögliche tun, um dies zu schaffen. Aber wir müssen abwarten wie die Parameter aussehen, wo wir spielen, gegen wen wir spielen, all diese Dinge.

Baseball-Softball.de: Zwei Ihrer wichtigsten Pitcher, Tim Henkenjohann und Enorbel Marquez-Ramirez sind im Moment verletzt oder denken über den Rücktritt nach. Was können Sie zu ihrem Status sagen. Sind sie gesund und werden sie weitermachen?

Greg Frady: Alles was ich über sie sagen kann ist, dass sie großartige Akteure für den deutschen Baseball sind. Sie haben sehr gute Leistungen gebracht und wir sind ihnen dafür absolut dankbar. Ob sie nun zurücktreten oder weitermachen, dafür ist es noch zu früh. Vielleicht treten sie zurück. Aber dann werden vielleicht Jan-Niclas Stöcklin oder Max Schmitz ihre Lücke füllen. Die gute Nachricht ist, dass wir routinierte Spieler haben, die Baseball auf einem hohen Level spielen können, die uns mit ihrer Erfahrung weiterhelfen. Und vielleicht werden sie ein bisschen älter oder haben mit Verletzungen zu kämpfen. Aber weil sie so viel Erfahrung haben und dort bereits waren, sind wir zu dem geworden was wir sind. Vor fünf oder sechs Jahren waren wir nicht in der Position. Diese routinierten Spieler mit der internationalen Erfahrung können auf einem hohen Level spielen.

Aber weil wir den Erfolg hatten, die Bundesligavereine hart gearbeitet haben, um die Liga zu verbessern, die Akademien aufgebaut wurden, das Juniorennationalteam und die Länderpokale da sind, dadurch wurde Baseball in Deutschland auf ein so hohes Level gehoben, wie wir es noch nie zuvor hatten. Es gibt viel mehr junge Spieler, aus denen wir auswählen können. Und diese jungen Spieler haben viel mehr internationale Erfahrung, da die erfahrenen Spieler von den Turnieren zurückgekommen sind und in den Vereinen darüber sprechen. […] Von daher, wenn wir einen Spieler verlieren oder zurücktreten, dann haben wir dennoch eine gute Zukunft, da junge Leute am Horizont auftauchen. Enorbel Marquez und Tim Henkenjohann sind Helden des deutschen Baseballs und sie werden es immer bleiben. Doch kein Team besteht aus nur zwei Spielern.

Baseball-Softball.de: Schauen wir zum Schluss auf Georgia. In diesem Jahr haben sie zwei europäische Spieler in ihrem Team. Wie sieht deren Rolle aus im Vergleich zu Europa? Wird bspw. Max Schmitz eher als Reliever eingesetzt oder als Starter? Ist Roy Seltenrijch [niederländischer Infielder] Stammspieler oder eher Ersatz?

Greg Frady: Als erstes möchte ich betonen, wie begeistert ich bin, dass beide für mich an einem Division I College spielen. Es ist eine große Umstellung Europa zu verlassen und in die USA zu kommen. Es ist vergleichbar mit den europäischen Spielern die für MLB Organisationen spielen, um für die Twins, Giants oder Yankees aufzulaufen. Es ist eine große Anpassung. Sie verlassen ihr zu Hause, lernen neues Essen kennen. Du lebst mit Leuten zusammen die du nicht kennst. Du lässt deine Freundin zu Hause, lässt die Familie zu Hause. Zudem spielst du mit Spielern in einem Team, die genauso talentiert sind, gegen Spieler die du noch nie gesehen hast. Du trainierst jeden Tag, bist jeden Tag am Gewichte stemmen. Roy hat mir erst kürzlich erzählt, dass er so beschäftigt ist, dass er nicht einmal Zeit hat in den Supermarkt zu gehen, um Essen einzukaufen. Seine Tage sind ausgefüllt. Es ist eine große Veränderung für sie.

Aber beide, Roy und Max, sind sehr talentiert. Beide werden von Anfang an dem Team helfen. Max Schmitz kommt als Reliever zu uns. Als junger Spieler soll er in seine Rolle hineinwachsen. Aber wir haben gerade unseren besten Pitcher aufgrund einer Knieverletzung verloren und Max wird wohl in die Rotation rücken. Von daher ist er nun erst einmal ein Starter. Dies wird sich zeigen, wenn die Spiele beginnen. Aber Max hat eine gute Einstellung und ist ein großes Talent. Er kann jede Rolle annehmen, wird sich weiterentwickeln und für ihn als deutschen Spieler ist es eine große Chance jeden Tag Baseball zu spielen.

Roy wird als Middle Infielder eingesetzt werden. Er steht im Wettbewerb mit drei anderen Spielern für zwei Positionen. Zwei von ihnen sind genauso alt wie er. Er wird eine Menge lernen. Beide müssen sich darauf einstellen, wie amerikanische Spieler zu agieren. Sie heben jeden Tag Gewichte. Sie haben dies bereits in ihren Vereinen getan, doch der Wille dies jeden Tag durchzuziehen, das Kondition bolzen, die Stärkung des Körpers, dies erfahren sie nun alltäglich. Dies ist eine große Umstellung für sie. Das wird ihnen helfen. Sie sind talentierte Spieler und sie werden uns weiterhelfen. Aber sie werden sehr herausgefordert. Es sind Spieler hier, die sind genauso talentiert. Aber ich weiß, was sie drauf haben und ich denke, sie werden ihren Weg gehen und sich zu den besten Spielern auf dem Division I Level entwickeln.