Zum Jahresabschluss stellt die DBV-Redaktion einige Fragen an den DBV-Präsidenten Mirko Heid. Wir wagen einen Blick auf die aktuellen Ereignisse, einen Rückblick auf das sportliche Jahr 2016 und einen Ausblick auf 2017.

DBV-Redaktion: Sind Baseball und Softball jetzt wieder olympisch?

Mirko Heid (MH): Das IOC hat in seiner 129. IOC-Sitzung am 03.08.2016 entschieden, Baseball und Softball für die Spiele 2020 in Tokio wieder mit aufzunehmen. Im Rahmen der 13. Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbunds am 03. Dezember hat unser nationaler Dachverband die Entscheidung getroffen, unseren Verband zukünftig wieder als Olympischen Verband zu führen. Wir freuen uns über diese Entscheidung. Aus meiner Sicht darf eine der weltweit meist verbreitetsten Sportarten beim größten sportübergreifenden Event nicht fehlen. Ich wünsche mir, dass die Begeisterung in Japan für unsere Sportart das IOC auch davon überzeugt Baseball und Softball wieder dauerhaft in das Programm mit aufzunehmen, so dass eine olympische Perspektive auch über 2020 hinaus entstehen kann.

(Foto: Martin Magunia)

DBV-Redaktion: Welche konkreten Auswirkungen hat das für unsere Sportart in Deutschland?

MH: Die Auswirkungen werden auf vielen Ebenen spürbar. Natürlich ist das nationale Sportfördersystem sehr auf die olympischen Sportarten fokussiert. Insofern ergeben sich hier wieder neue Perspektiven für uns und unsere Sportler. Auswirkungen werden auch bei Infrastrukturmaßnahmen spürbar sein. Auch hier unterscheiden sich Förderkriterien auf Bundes- und Landesebene nach olympischen und nicht-olympischen Sportarten. Der Zugang zu den Olympia-Stützpunkten und ihrem umfangreichen Leistungsangebot wird sich sicher unmittelbar positiv für unsere Athleten bemerkbar machen.

DBV-Redaktion: Auf Bundesebene wurde die Neuausrichtung der monetären Förderung des deutschen Sports eng an eine Leistungssportreform geknüpft. Hier haben das Bundesministerium des Inneren und der DOSB aber auch einzelne Verbände heftig diskutiert. Im Vorfeld der Entscheidung gab es auch viel Kritik. Wie stehen Sie zur Reform?

MH: Ich denke, dass bei allen Akteuren Einigkeit darüber besteht, dass andere Nationen auf olympischer Ebene in den letzten Jahren im Medaillenspiegel aufholen oder sogar an uns vorbei ziehen. Das ist ein nicht zu leugnender Trend. Ebenfalls wird deutlich, dass andere Nationen mehr investieren in die Entwicklung ihrer Sportarten, Sportler und Trainer. Aber einige der Nationen investieren nicht nur mehr, sondern versuchen ihr Investment auch gezielter auf Medaillenpotenziale auszurichten. Insofern ist die Diskussion, wie wir unsere Sportförderung für die Zukunft nicht nur erhöhen, sondern auch gezielter ausrichten. Also, eine quantitative und eine qualitative Komponente.

Hierzu wurde unter der Federführung des DOSB-Leistungssport-Direktors Dirk Schimmelpfennig ein Konzept entwickelt, welches alle Beteiligten, vor allem auch den Athleten mit einbindet. Dazu soll noch ein Analysemechanismus zu Einsatz gebracht werden, der bei der Einordnung in Medaillenpotentiale helfen soll. Ggfls. notwendigen Strukturreformen auf Verbandsebene stehe ich offen gegenüber.
Wir halten dieses Konzept für richtig. Insofern hat der DBV dem Beschluss-Vorschlag im Rahmen der DOSB-Mitgliederversammlung auch seine Zustimmung gegeben. Gleichwohl müssen wir bei der konkreten Ausgestaltung des Ansatzes aufpassen, dass wir jungen und kleinen Sportarten auch die Chance geben, ihre Potenziale ehrlich zu entwickeln. Denn Sport-Mono-Kulturen wie wir sie aus anderen Nationen kennen, wäre eine traurige Entwicklung für unsere heterogene deutsche Spitzensportlandschaft.

DBV-Redaktion: Neben der sportübergreifenden Leistungsreform gibt es ja auch noch die DBV-Liga-Reform. Wie ist der Umsetzungsstand? Was ändert sich 2017?

MH: Die DBV-Liga-Reform hat drei inhaltliche Ansätze. Mehr spielen, regionale Nähe und Perspektiven für unsere Talente schaffen. Das von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe vorbereitete Konzept konnte mit seinen Lösungsansätzen in den ersten beiden Kategorien überzeugen. So werden die 2. Baseball-Bundesligen und die Regionalligen in insgesamt sechs regionale Gruppen zusammengefasst, um den Anforderungen in den unteren DBV-Ligen gerecht zu werden und die Kosten für die Vereine zu verringern. Zudem wird in der 1. Baseball-Bundesliga, über die reguläre Hauptrunde, eine Interleague-Runde für die besten vier Teams im Norden und Süden eingeführt, welche dann von den Play-Off gefolgt wird. So wird die Anzahl an Spielen in der höchsten deutschen Baseballliga angehoben. Das wird zum einen die Attraktivität der Bundesliga steigern und zum anderen mehr Wettkampf vor allem für unsere Nationalmannschaftsspieler generiert.

Die vorgeschlagenen Lösungsansätze in Bezug die Regelung zur Begrenzung der EU-Spieler, welcher zu Ziel hatte mehr „Perspektiven für unsere Talente schaffen“, konnten die Mehrzahl der Bundesligavereine leider nicht überzeugen. Insofern hat der zuständige Ausschuss für Wettkampfsport in seiner letzten Sitzung am 11. Dezember entschieden, die vorgesehenen Regelungen in Bezug auf den Einsatz von EU-Spielern nicht weiter zu verfolgen. Nach Jahren des Stillstands kann man aber schon sagen, dass die Reform ein Erfolg ist. Zwei von drei ist im Baseball sehr gut.

DBV-Redaktion: Ist der DBV eingeknickt vor dem Widerstand einiger Vereine?

MH: Ich hätte mir zwar gewünscht, dass die Vereine das vorgeschlagene Konzept in allen drei inhaltlichen Stoßrichtungen mittragen. In vielen persönlichen Gesprächen haben die Verantwortlichen für die Reform geworben. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht vollumfänglich haben überzeugen können. Und eine Reform gegen den Willen der Mehrheit der Vereine wäre sicher nicht zielführend gewesen.

Gleichwohl halten wir natürlich an der Zielsetzung, nämlich Perspektiven für unsere eigenen Talente zu schaffen weiter fest. Hier werden wir aber nach neuen Lösungsansätzen suchen und Vorschläge machen. Ich denke, dass wir hier auch aus anderen Sportarten lernen können. Insofern ist der dritte inhaltliche Ansatz, nämlich Perspektiven für unsere Talente schaffen nicht vergessen. Wir suchen jetzt nach neuen Wegen.
Abschließend möchte ich zum dem Thema nur sagen, wenn sich alle Beteiligten zukünftig für die Nachwuchsförderung mit ähnlichem Engagement einbringen wie im Rahmen der Diskussion zur Liga-Reform, dann kommen wir mit unserer Sportart einen großen Schritt weiter.

DBV-Redaktion: Was waren aus Ihrer Sicht die leistungssportlichen Highlights 2016?

MH: Das Jahr hat zunächst mal mit einem enttäuschenden Abschneiden unserer Herren-Nationalmannschaft bei WBC-Qualifier in Mexiko begonnen. Die knappe Niederlage gegen Nicaragua war sicherlich hinnehmbar aber die Klatsche gegen die Tschechen tat doch sehr weh. Insofern bin ich besonders stolz auf die Reaktion der Mannschaft im Rahmen der Europameisterschaft. Hier haben wir eine kämpferische Truppe erlebt, die mit Teamgeist und starken Leistungen überzeugt hat. Der vierte Platz war redlich verdient. Martin Helmig und sein Coaching Staff haben hier einen hervorragenden Job gemacht. Dirk Fries und der gesamte Betreuerstab haben hinter den Kulissen ebenso überzeugt. Das war echtes Teamwork.

Im Baseball Nachwuchsbereich haben wir m.E. das erfolgreichste Jahr in der Geschichte des deutschen Baseballs hinter uns. Die Junioren- und Jugend-mannschaft gewinnen jeweils die Bronzemedaille und unsere Schülermannschaft gewinnt zum ersten Mal Gold. Dazu konnten auch unsere Juniorinnen mit einem vierten Platz absolut überzeugen. Das ist eine tolle Entwicklung. Auch hier gilt natürlich das Lob an alle Auswahltrainer und Ihre Assistenz-Trainer aber natürlich auch an die vielen Nachwuchstrainer im ganzen Land, die die Grundlage für diese Erfolge in ihrer täglichen Arbeit leisten.

Besonders hervorzuheben ist natürlich das außergewöhnliche Engagement der Deutschen Baseball Akademie (DBA). Sie ist der Nukleus unseres Leistungssportprogramms im Nachwuchsbereich. Hier gilt Dank und Respekt Georg Bull und seinem Team vor und hinter den Kulissen.

Unsere Softball-Damen sind dieses Jahr leider etwas kurz gekommen, da keine EM auf dem Programm stand. Dafür aber hat das Team um Udo Dehmel bereits vor Weihnachten noch den ersten Lehrgang in Vorbereitung auf die EM in Italien im kommenden Jahr im Kalender stehen.

Dazu sind unsere Co-ed Slow Pitch-Softballer bei der WM in Florida Vierte geworden. Nennenswert ist auch, dass wir erstmals eine Männer-Fastpitch-Mannschaft zu einer EM entsendet haben.

DBV-Redaktion: Der Bundestrainer wurde eben genannt und ist ein gutes Stichwort. Wie schaut es da aus? Gehen wir mit Martin Helmig in den nächsten Zyklus?

MH: Wie schon gesagt, hat Martin uns mit seiner Arbeit mit der Mannschaft überzeugt. Philipp Hoffschild (Vize-Präsident Leistungssport) und Dirk Fries stehen derzeit mit ihm in engen Gesprächen, wie wir die Zusammenarbeit auch für die Zukunft sichern können.

DBV-Redaktion: Zum Jahresende blickt man gerne zurück auf das Jahr. Was ist gut gelaufen? Woran gilt es noch zu arbeiten?

MH: Das Jahr 2016 war ein sehr herausforderndes Jahr. Vor allem wirtschaftlich ist es uns gelungen das Schiff bei herausforderndem Seegang auf Kurs zu halten. Da gilt der Dank an allen haupt- und ehrenamtlichen Akteuren in unserem Verband die hier einen aktiven Beitrag geleistet haben.

Auf die besonderen Momente im Bereich der Nationalmannschaften bin ich ja schon zu genüge eingegangen. Großartig war der Einstand von Max Kepler auf MLB-Ebene. Dass er sich in seiner Rookie-Saison direkt so stark in den Vordergrund spielt, hätte sicher kaum jemand zu träumen gewagt. Nach Donald Lutz der zweite MLB-spieler „Made in Germany“ macht uns natürlich alle stolz.
Besonders gefreut hat mich, dass wir beim Thema Breitensport Softball mehr Aktivitäten haben starten können. Gemeinsam mit Wolfgang Walther wollen wir hier die Softball-Breitensport-Community wieder näher an den Verband bringen. Gleichzeitig wollen wir verbandsseitig auch Anreize schaffen, die diese Bewegung aktiv unterstützen sollen.

Die vielen Turniere, v.a. im Nachwuchsbereich geben immer wieder Motivation sich für unsere Sportart reinzuhängen. Hier kann man das Engagement der Ehrenamtlichen aber vor allem die Liebe zum Spiel der vielen Nachwuchsspieler/innen erleben. Das gibt immer Auftrieb.
Persönlich habe ich mich sehr darüber gefreut, dass wir Coach Greg Frady in die Deutsche Hall of Fame haben aufgenommen haben. Ich denke, dass das den Respekt ausdrückt, den wir für ihn und seine Leistungen im vergangen Jahrzehnt empfinden.

Traurige Momente dieses Jahr waren sicher der Tod von Christa Winterrath und Claus Helmig. Beide waren wichtige Motoren unserer Sportart. Wir werden sie in Zukunft vermissen am Rande der Felder der Träume.

DBV-Redaktion: Ausblick auf 2017. Was wünscht sich der Präsident für 2017?

MH: Ich wünsche mir, dass nachdem wir nun seit ein paar Jahren den Mitgliederrückgang gestoppt haben, wir jetzt wieder in eine nachhaltige Wachstumsphase kommen. Viele Vereine zeigen, dass es geht und gehen mit innovativen Projekte in der Nachwuchsarbeit voran.
Ich wünsche mir viele motivierte Ehrenamtliche, die auf allen Ebenen vor und hinter den Kulissen auf nationaler, Landes- und regionaler Ebene sich für die Entwicklung unserer Sportart einsetzen.

Ich wünsche mir viele Spieler, Schiedsrichter und Trainer, die die Liebe zum Spiel leben.

Ich wünsche mir, dass MLB Ihr Engagement ausweitet und uns bei der Nachwuchsgewinnung aktiv unterstützt.

Und abschließend wünsche ich mir eine Rekord-Teilnahme bei der anstehenden DBV-Convention im Januar. Auch hier werden wir, wie in den vergangenen Jahren, wieder vor Ort sein und den Dialog mit der Community suchen. Für alle Vereinsverantwortlichen, die Ihren Trainer etwas zu Weihnachten schenken wollen, ist das m.E. das ideale Geschenk.

Ich wünsche allen ein frohes Fest und einen guten Rutsch und freue mich auf ein spannendes Baseball und Softball Jahr 2017.