Siebtes Inning, die Deutsche Jugend Nationalmannschaft führt mit 3:2, die Bases sind für die Tschechen geladen, Full Count.

One Strike away vom großen Glück
One Strike more und die Cinderella Story wäre weiter gegangen

Noch ein Strike, und Deutschland steht im Finale dieser Jugend EM. Jerome Dunford, dritter Pitcher dieses Innings für die Deutschen, bekommt seine Kontrollprobleme am heutigen Tag nicht in den Griff. Ball four, Ausgleich für die Tschechen. Der so nahe geglaubte Sieg und damit die Finalteilnahme rutscht im wahrsten Sinne des Wortes durch die Finger. EXTRAINNINGS

Aber zum Glück haben wir ja Ausreden. Einer etwas seltsamen Entscheidung des Organisationskommitees zur Folge musste die deutsche Mannschaft trotz Gruppensieges auf ihr Heimrecht verzichten und das Halbfinale in dem ca. eine Stunde entfernten Trebic austragen.

Dies bedeutete 06:00 Uhr aufstehen, 06:45 frühstücken und dann auf Richtung Trebic und was uns dort erwartete, ließ uns die mögliche Ausrede wieder ad acta legen: Traumhaftes Baseballwetter und ein wunderschönes Stadion. Erst kurz vor der EM fertiggestellt, präsentierte sich das Baseballstadion von Trebic als Schmückkästchen. Ein toller, sehr gepflegter Platz, ein effizient gestalteter Anbau mit Cafeteria, einladenden Tribünen und einem Baseballequipment, welches keine Wünsche offen ließ, brachten nicht nur die Spieler, sondern auch die Coaches zum Staunen und Träumen.

Als sich das Stadion nach und nach füllte und zu Spielbeginn ca. 700 Zuschauer vor Ort waren, fehlte diesem perfekten Tag eigentlich nichts außer ein Strike

Sechs Innings lang machte Starting Pitcher Wolfgang Reitter das Spiel seines Lebens

Sechs Innings lang hielt die Defensive

Sechs Innings lang führte die Deutsche Mannschaft 3:0 und profitierte dabei von den wenigen Fehlern in der Defensive der Tschechen im dritten Inning

Die Tschechen hatten eigentlich keine Chance und die nutzten sie

Im siebten Inning musste Wolfgang seinem überragenden Spiel Tribut zollen, ihn verließen die Kräfte. Nach einem Single, einem Wild Pitch und einem Walk reagierte Headcoach Georg Bull und beorderte Closer Max Greim auf den Mound. Aber im Gegensatz zum Hollandspiel zeigte unser Ur-Bayer Nerven. Ein Walk, ein Hit by Pitch und die Tschechen verkürzten auf 1:3.

Nun sollte Jerome Dunford auf dem Mound die Bases Loaded Situation lösen und er startete optimal. Strikeout Swinging, ein Aus. Dann ein Groundball zu Shortstop Nino Sacasa. Ein kurzes Zögern, ein Flip zu Secondbaseman Lucas Dickman, der aber konnte das Doubleplay mit seinem Wurf an 1st Base nicht vollenden. Nur noch 3:2 für Deutschland, aber zwei Aus.

Fast 700 tschechische Fans feuerten ihre Mannschaft an und der sonst so coole und sichere Jerome Dunford verlor seine Contenance. Ein Walk, und die Bases waren geladen. Full Count beim nächsten Batter, ein Strike vom Finale entfernt aber Jerome Dunford walkt den Batter zum 3:3 Ausgleich.

Es folgen zwei Extrainnings, die es in sich hatten. Nach einem Leadoff Walk für die Tschechen, der die Bases lud, kam nun Benjamin Thaqi auf den Mound. Aber wie schon seine Teammates zuvor hatte er mit seiner Kontrolle zu kämpfen. Singles, Error, Sac Fly brachten vier Runs und die 7:3-Führung für die Tschechen.

Wer nun glaubte, die Partie sei entschieden, hatte die Rechnung ohne die deutsche Mannschaft gemacht. Wie schon in den Spielen gegen Holland und Schweden zeigten die deutschen Jungs Moral und Kampfgeist.

Ein Walk für Jerome Dunford lud die Bases, ein RBI Groundout von Kevin Kane verkürzte auf 4:7. Ein 2-Run-Double vom in diesem Turnier überragend catchenden Elias von Garßen und es stand nur noch 7:6 für Tschechien. Ein Bases Loaded Walk für Sven Schüler brachte den 7:7 Ausgleich, bei einem Aus.

Nun sollte Sean Cowan den Elfmeter verwandeln und Deutschland ins Finale schießen. Ein Ball, ein Strike und die Coaches entscheiden sich für einen Suicide Squeeze. Elias von Garßen steht schon kurz vor der Homeplate und Sean Cowan bunted foul. Danach geht Sean Strikeout Swinging, der nachfolgende Nino Sacasa Groundout zum dritten Aus. Ein weiteres Extrainning sollte folgen und auch die Entscheidung.

Einem Doublesteal folgte ein RBI-Single zur 8:7 Führung für die Tschechen und dies reichte zum Sieg, da die deutsche Mannschaft durch missglückte Buntversuche und einem unglücklichen Doubleplay im Nachschlag nicht mehr in der Lage war, zu scoren.

Halbfinale verloren und Dritter der Europameisterschaft geworden. Sollte man sich ärgern oder freuen?

Fazit EM 2011

Zwei Tage nach der unglücklichen Niederlage im Halbfinale sollte man in einem Review klar zwischen der Leistung der Mannschaft und einem verloren Spiel trennen.

Natürlich tut es immer weh, wenn man ein Spiel verliert, besonders dann, wenn man mehrere Chancen vergibt. Das man mit einem Sieg im Finale gestanden hätte mag zwar ärgerlich sein. Aber Spiele werden immer und überall verloren, so etwas passiert auch den Größten.

Die Mannschaft hat gekämpft, Moral gezeigt und hat eine überragende Vorrunde gespielt. Sie hat die Niederlande niedergerungen und ist Dritter der Europameisterschaft geworden. Sie hat also mehr erreicht, als jemals eine Jugend- oder Juniorenmannschaft zuvor. Und genau dies sollte am Ende dieser EM als Resümee stehen.

Was bleibt, ist nicht die Niederlage, was bleibt sind die schönen Momente dieser EM

Da ist Ulli Wermuth, der am Montagnachmittag mit Familie Dickmann auf die sich schon am Platz befindliche Mannschaft traf und dort wie der Tasmanische Teufel über den Platz fegte, froh, endlich aus dem Auto gelassen worden zu sein und wieder auf einem Platz zu stehen.

Da ist Marlies Boll, die „Dugoutprinzessin“, die sich, wie in den Jahren zuvor, unermüdlich um das Wohl ihrer Jungs kümmerte.

Da ist Sven Huhnholz, der Ruhepol des Teams, der mit seinen Sprüchen immer wieder für gute Laune sorgt.

Da ist Headcoach Georg Bull, der mit den Jahren immer gelassener wird, aber die Jungs jeden Tag sein Feuer spüren lässt und die Mannschaft immer wieder neu motiviert.

Da ist Stuart Cowan, unser Schotte, der mit seiner stoischen Ruhe alle Pubertätsausbrüche in seinem Disco-Van ertrug und als Organisator und Betreuer ein nicht wegzudenkender Bestandteil dieses Teams war.

Da war der Veranstalter, der mit dieser EM den teilnehmenden Spieler einen Rahmen bot, den diese auch verdient haben. Die Organisation war perfekt, die Stadien traumhaft, die freiwilligen Helfer einfach unglaublich.

Da waren die tschechischen Zuschauer, die lautstark, aber fair ihre Mannschaft im Halbfinale zum Sieg brüllten und so für beide Mannschaften eine Major League Atmosphäre schafften.

Da war der Zuspruch aus Deutschland über Facebook, Twitter oder das DBV Forum, der den Jungs das Gefühl gab, dass ihr Erfolg in Deutschland wahrgenommen wird und sie ein wichtiger Bestandteil von Baseball Deutschland sind

Und zu guter Letzt waren da die deutschen Eltern, die teilweise mit großem Aufwand ihren Söhnen nachgereist sind, um die deutsche Mannschaft zu unterstützen

Das beste Beispiel für diesen betriebenen Aufwand ist Walter Sacasa, der in einem kleinen Zelt vor dem Stadion kampierte, um seinem Sohn und der Deutschen Mannschaft nahe zu sein. (Wahrscheinlich hat er mein Tagebuch gelesen, ist er nach Gijon gefahren, hat dort mein Zelt abgebaut und es sich vor dem Stadion gemütlich gemacht). Ich verneige mich vor diesem Martyrium.

Stellvertretend für die Mannschaft, Coaches und Betreuer gilt mein Dank den Familien Sacasa, Jerichow, Cowan, Kane, Dickman, Engelhardt, von Garßen, Straub für die großartige Unterstützung vor Ort und Baseball Deutschland für den Support aus der Ferne.

Es war eine großartige EM.

Bericht von Wolfgang Schulz – Weitere Infos gibt es auf der DBA Seite, Live Ticker auf der CEB Seite