Fassunglos, bestürzt…es gibt eigentlich keinen Ausdruck, der den Gemütszustand der angereisten Eltern, der Spieler und der Coaches nach dem letzten Aus gegen die Ukraine richtig beschreiben kann.

Zum Spiel

Die deutschen Spieler hatten lange Schwierigkeiten mit den extrem langsamen Pitching der Ukraine…und mit der neuen Strikezone. Die lag um mindestens 20 cm höher als in den beiden Spielen zuvor. Es dauerte bis zum 4. Inning, bis die deutschen Spieler die von Headcoach Mathias Winterrath geforderten Adjustments machten. Lennard Stöcklin eröffnete das 4. Inning mit einem krachenden Triple und scorte auf einen Sac Fly von Vinny Ahrens zum 1:0.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Starting Pitcher Tim Beigel die Ukrainer gut im Griff. Zwar waren einige brenzlige Situationen zu überstehen, da die Ukrainer sich als sehr schlagstark zeigten, aber die gute Defense und auch Tim Beigel hielten den Gegner bis zum 4. Inning scoreless.

Ein Bunt Single, eine Stolen Base und ein Wild Pitch brachten in der oberen Hälfte einen Runner der Ukraine an die 3. Base, ein Single führte zum 1:1 Ausgleich. Die deutschen Junioren ließen sich dadurch nicht schocken, sondern konterten im Nachschlag dieses Innings mit zwei Singles durch Jonathan Schneider und Marius Jelloneck. Wieder war es Lennard Stöcklin, der mit einem 2-Run-Triple für ein Ausrufezeichen sorgte. 3:1 für Deutschland. Lennard hätte der Held dieses Spiels werden können, aber er wurde, wie einige andere Spieler auch, zur tragischen Figur.

Da sorgte Lennard für die Offensive Highlights des Teams, verpasste aber im Extra Inning dass Inning Ending Double zu machen.

Da war Jonathan Ellenbogen, der mit einem RBI Single den vorher gewalkten Vinny Ahrens zur 4:1 Führung herein schlug, aber im Extra Inning nicht aufpasste und in ein Rundown verwickelt wurde, der zum ersten Aus führte.

Da war Rufio Schulz, der im Nachschlag des 9. Inning bei Läufer auf 1. und 3. Base bei einem Aus und Stande von 6:6 als Pinch Hitter für Bruno Aurnhammer an die Platte trat. Er hätte zum Walk Off Hero werden können, hatte aber noch kein Pitch und die hohe Strikezone gesehen, und ging Strike Out Swinging.

Da war Daniel Thieben, unser herausragender Starting Pitcher und Ace, der die ungewohnte Rolle des Closers übernehmen und das 4:2 in der Mitte des 7. Innings über die Bühne bringen sollte. Wie schwer es ist, für einen Starting Pitcher die Rolle des Relief Pitchers zu übernehmen, zeigte sich in diesem Spiel. Daniel, der es gewohnt ist, vor einem Spiel 30 Pitches und mehr zu werfen, um seine Rhythmus zu finden, musste heute mit 8 Pitches auskommen…zu wenig, wie sich herausstellte. Mit Läufer an 2. Base übernahm Daniel im 7. Inning den Ball vom bis dahin hervorragend pitchenden Tim Beigel. Ein GO besorgte das erste Aus, ein Fehler vom sonst so sicheren Infield scorte den Runner der Ukrainer zum 4:3.

Da die deutschen Junioren in der unteren Hälfte nicht punkten konnten, ging man mit einer 4:3 Führung ins 8. Inning…und hier nahm das Unheil seinen Lauf. Ein Single, ein Double und ein Sac Fly brachten den Ausgleich für die Ukrainer, ein Suicide Squeeze sogar die 5:4 Führung. Daniel Thieben hatte noch immer Schwierigkeiten, ins Spiel zu kommen und war noch nicht in der Lage, durch variables Pitching die schlagstarken Ukrainer aus dem Rhythmus zu bringen. Ein Inside the Park Homerun sorgte sogar für die 6:4 Führung.

Es zeichnet die Moral und vor allem der Zusammenhalt der Deutschen Mannschaft aus, dass sie den Kopf nicht hängen ließ, sondern in der unteren Hälfte des 9. Innings eine legendäre Rally startete. Vorher hatte James Larsen, der für Daniel Thieben den Mound übernahm, die Ukrainer in der oberen Hälfte des 9. Innings scoreless gehalten.

Ein Single von Eric Harms und ein Walk für Maik Ehmcke waren genau das, was Marius Jelloneck, der die Mannschaft immer wieder anfeuerte und hochpuschte, brauchte. Ein krachendes Single scorte Eric Harms zum 5:6, Maik Ehmcke stand an 2nd Base, Marius wurde durch Pinch Runner Kevin Möller ersetzt. Ein Walk für Jonathan Schneider lud die Bases für Lennard Stöcklin…noch immer kein Aus. Sein Sac Fly ins Center Field brachte den Ausgleich zum 6:6, Maik Ehmcke rückte an die dritte Base vor.

In dieser Situation schenkte Headcoach seinem jüngsten Spieler, Rufio Schulz, das Vertrauen, dessen Schlagstärke er seit langen Jahren kennt. Rufio hätte, wie schon erwähnt, mit einem Groundball der Held werden können, scheiterte aber an der fehlenden Spielpraxis. SO swinging.

Mit Vinny Ahrens an der Platte, zwei Aus und Jonathan Schneider an der 1. Base und Kevin Möller an 3. Base….ein Delay Steal Versuch, der aber mit einem Rundown Out für Jonathan Schneider endete, bevor Kevin Möller zum Siegpunkt für die Mannschaft scoren konnte.

So ging es also in Extra Inning…mit Läufer an 1. und 2. Base bei keinem Aus. Die Coaches bestimmten, wo in der Schlagreihenfolge begonnen werden sollte.

Ein Flyout sorgte schnell für das erste Aus in der oberen Hälfte des 10. Innings, ehe Shortstop Lennard Stöcklin ein unglückliches Play unterlief. Ein Groundball zu ihm nahe der 2nd Base flippte er zu 2nd Basemann Rufio Schulz, um damit das Forced Out zu generieren. Leider war die zweite Base und Rufio nur 50 cm vor Lennard entfernt….und Lennard flippte über seinen 2nd Baseman hinweg….alle Läufer safe, Base Loaded.

Natürlich sagt jeder (der zehn Zuschauer), der dieses Play gesehen hat, dass es die einfachere Lösung gewesen wäre, das Forced Out selber und vielleicht sogar das Inning Ending DP zu machen….aber hätte, wäre, wenn. Niemand macht hier einem Spieler einen Vorwurf, vor allem nicht im Nachhinein. Die Spieler haben schon genug damit zu tun, sich selber (oft unberechtigterweise) Vorwürfe zu machen.

Es kam wie es kommen musste. Ein Double down the left Field Line scorte zwei Runner, ein anschließender Sac Fly brachte sogar die 9:6 Führung für die Ukrainer.

Nun war es an der deutschen Mannschaft, mit Läufer an 1. (Eric Harms) und 2. Base (Jonathan Ellenbogen) nachzuschlagen. Und hier liefen unsere Jungs geradezu in ihr Unglück hinein. Ein passed Ball veranlasste Eric Harms sicher die 2. Base zu erreichen….und Jonathan Ellenbogen dazu, zu zögern. Folge: Rundown zwischen 2. und 3. Base und das 1. Aus. Ein SO für Kevin Möller und ein Foul Out für Lennard Stöcklin bedeuteten das Ende dieses für die Deutsche Mannschaft so unglücklich verlaufenden Spiels….aber nicht das Ende des Turniers.

Fazit

Viele Plays könnte man hinterfragen, den Pitcherwechsel kritisieren…aber nur, wenn man unbedingt das Haar in der Suppe finden will. Als neutraler Beobachter muß ich sagen: Ich will dieses Haar nicht finden…es ist einfach extrem unglücklich gelaufen. Die Moral der Mannschaft in diesem Spiel war einzigartig, und darauf sollte man aufbauen.

Morgen geht es im alles entscheidenden Spiel gegen Italien, die sich heute gegen die Russen mehr als schwer taten. Gewinnen wir das Spiel, sind wir weiter, verlieren wir, sind wir raus. (Anm. Redaktion: Im Falle eines Three-Way-Tie ist ein Weiterkommen auch bei einer Niederlage theoretisch noch möglich.) So einfach ist das.

Bericht von Wolfgang Schulz. Mehr Informationen auf www.boxscore-events.de