Im Schiedsrichter-Spotlight stellen wir Euch in lockerer Reihenfolge Personen vor, die im Schiedsrichter-Bereich des Deutschen Baseball und Softball Verbandes aktiv sind. Heute: Megan Hylton

Die nach Deutschland ausgewanderte Amerikanerin ist, wie in den USA üblich, bereits sehr früh mit dem Sport in Kontakt gekommen. Nach ihrem Umzug nach Deutschland war es dem Zufall zu verdanken, dass Megans nationale und internationale Karriere hier beginnen konnte. Megan gehört seit dem Jahr 2007 zum festen Bestandteil der Softball A-Umpire in Deutschland und ist seit 2020 auch die erste Frau mit einer A-Ausbilder-Lizenz – der höchsten Ausbilder-Stufe im DBV!

Hi Megan! Danke, dass Du uns für das Interview zur Verfügung stehst. Erzähl uns doch bitte, wie Du überhaupt zum Softball gekommen bist.

Als ich 5 Jahre alt war habe ich von meinem Vater meinen ersten Handschuh bekommen – meine Eltern hatten sich gerade geschieden und er wollte für mich eine Aktivität finden, die wir beide zusammen machen konnten und die mich von dem Stress der Scheidung und den neuen Umständen  ablenkt.

Ich habe mich sofort in den Handschuhe verliebt und freute mich jedes Mal, wenn ich zum Training durfte. Ich spielte die Position „Rover“ – das kennen viele Deutschen nicht. Es war die Position für die schlechtesten Spieler, der sogenannte „2nd Rightfielder“… Man war hinter dem 2nd Baseman aber vor dem Rightfielder platziert. Damals wusste ich natürlich nicht, dass diese Position für blutige Anfänger war, ich hatte einfach Spaß dran.

Später wurde ich zum 2nd basemann befördert 😊 und dann zum Shortstop, Pitcher und als ich 13 Jahre Später zur Universität ging, wurde ich Catcher – und hatte das erste mal die Umpire wahrgenommen. Ich hatte am Wochenende zu der Zeit eine Law League geschiedst – da ich ja jahrelange gespielt hatte, „wusste ich eh alles“ – und dachte das Umpiring könnte nicht so schwer sein. Das war meine erste Berührung mit dem Schiedsen.

Das hört sich, zumindest für viele Amerikaner/innen, ja wie ein häufiger Werdegang an. Wann und wo hast Du dann wirklich ernsthaft mit dem Umpiring begonnen?

Als ich mit der Uni fertig war und 1998 nach Deutschland ausgewandert bin, hatte ich keine Ahnung, dass es hier Softball gibt. Durch Zufall habe ich 2001 eine Freizeitmanschaft im Englischen Garten in München gesehen und lernte, dass es „Vereine“ gab – als Amerikaner kannte ich das Konzept des Vereins nicht. In den USA spielst Du in der Schule, dann in der Uni und dann bist Du fertig. Also fing ich als Spieler in einer Landesliga in der Gegend an und wurde sofort zum Coach ernannt. Damals war es üblich, dass man noch eine Scorer- oder Umpire-Lizenz macht. Also fing ich 2002 mit der C-Scorer Lizenz an und wurde dann 2003 B-Scorerin. Nach 2-3 Jahren fiel das Team wegen der üblichen Gründe (Schwangerschaften, Staatsexamen, Abitur, etc.) auseinander und ich wechselte den Verein und stieg damit in die Bayerliga auf.

Dem neuen Verein war meine Scorer-Lizenz nicht genug und so machte ich 2004 meinen C-Umpire-Lizenz, gefolgt von der Umpire B-Lizenz in 2005. Da ich damals an der Uni gearbeitet und weiter studiert hatte, hatte ich ja reichlich Zeit um das alles noch zu machen. 2005 wechselte ich dann nochmal den Verein und stieg als (mittleweile „Baseballdeutsche“) in die Bundesliga auf und nebenbei machte ich eine Hand voll Spiele als Umpire in den Landes- und Verbandsligen. Also ich  2006 mit meinem Magister von der Universität München fertig war, fing die große Stellensuche an. Da ich noch viel Zeit hatte, machte ich 2007 meine Umpire A-Ausbildung.

Aber nun fing das „echte Leben“ an und mein Lotterleben als Student endete – plötzlich hatte ich nicht mehr so viel Zeit für Softball. Ich hörte 2007 als Spielerin auf und da fing eigentlich auch meine Umpire-Karriere an.

Wie sah Dein Werdegang als Ausbilderin aus?

Als ausgebildete Pädagogin und Entwicklungspsychologin war der Weg zur Ausbilderin schon vorprogrammiert wenn auch ein wenig versteckt. Meinen ursprünglichen Wunsch Lehrerin zu werden habe ich nicht mehr verfolgt und stieg 2007 in die Welt der Unternehmungsberatung ein.

Anfangs habe ich Trainingsprograme entwickelt und für die Berater meiner Firma ausgeführt. Danach folgten (bislang 13 Jahre) verschiedene Rollen in der Personalentwicklung, wo ich ständig in Bereiche involviert war, die die Berater meiner Firma aus- oder weitergebildet haben. Mir macht es Spaß, anderen zu helfen und sie bei der Entwicklung zu unterstützen, sie ihren Zielen näher zu bringen und den Kollegen neue Perspektiven aufzuzeigen. Dabei habe ich auch immer wieder an meine Perspektive gedacht und mich selber weiter als Umpire ausgebildet.

Ich fing an, Softball Umpire -ehrgänge zu geben, erstmals als ‚Aushilfe‘, dann als Solo-Ausbilder. Den Ausgleich zu der Berater-Welt habe ich immer wieder im Softball und beim Umpen gefunden. 2013 habe ich dann meinen ESF (European Softball Federation) Umpireschein gemacht. Bei der ESF habe ich viele tolle Turniere mitgemacht auf europäischer Ebene. Da ich fest daran glaub, dass man nie auslernt, habe ich weiter an mir selber gearbeitet (auf und neben dem Feld) und 2018 meine WBSC (World Baseball Softball Confederation) Umpire-Lizenz erlangt.

Warum willst Du überhaupt andere Umpire ausbilden? Ist es nur für das Honorar? 😉

Umpire zu sein hat für mich eine besondere Bedeutung – wir leiten das Spiel und ‚richten‘ dabei. Wir achten nicht nur auf Fairplay und kümmern uns um die Sicherheit der Spieler, wir sind gleichzeitig Vorbilder. Ein Vorbild zu sein kann Leben verändern. Auch wenn das komisch klingt, ich möchte, besonders als Frau, ein Vorbild sein für junge Menschen – dass man auch neben einem Beruf weiterhin Spaß haben kann, der Commuinty helfen und durch Fair Play und Teamwork zeigen kann, dass man viel erreichen kann. Softball ist ein sozialer Sport und beinhaltet vieles, was man in der Gesellschaft braucht (Teamwork, Aufopferung, Höhen, Tiefen, Sieg, Niederlage, Game Managemnt, uvm. ).

Ich wollte Ausbilderin werden, um anderen Umpiren auch diesen Spaß zu vermitteln, um zu zeigen, dass es keine „Pflicht“ ist auf dem Feld zu stehen, sondern dass man auch als Umpire eine sinnvolle Aufgabe hat und diese nebenbei auch genießen kann.

Give back. Mir wurde oft im Leben geholfen, vielleicht kann ich als Ausbilderin auch helfen, Stereotypen verändern – und außerdem macht mir das alles auch weiterhin Spaß. (*wait… We get paid to do this?) 😊

Was waren bisher Deine persönlichen Umpire-Highlights?

Meine persönliches Highlight war auf jeden Fall live dabei zu sein als Umpire bei dem Olympischen Qualifier 2019 (EMEA/Africa Spiele) in Holland. Es war eine Super Crew und tolle Spiele. Wer mitmacht bei Softball, wer es wirklich liebt, davon träumt und dafür hart arbeitet, der weiß eine solche Ehre wie den Qualifier zu schätzen. Es haben alle gejubelt, geweint, gelacht, und genossen. Ich bin sehr stolz drauf, dass meine Umpire-Karriere, die 2004 begann, mich 14 Jahre später zum Olympic-Qualifier gebracht hat! Ich freue mich auch sehr über die diesjährige Nominierung bei der Weltmeisterschaft in Peru (falls Covid-19 es zulässt).

(Anmerkung: die WBSC hat mittlerweile bekanntgegeben, dass das Turnier auf einen noch nicht genannten Zeitpunkt verschoben wurde.)

Was würdest Du Dir in Hinsicht auf das Umpiring und Softball in Deutschland wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass mehr Mädels und Frauen auch nach der Spielerkarriere mitmachen würden. Dem Softball Umpire-Programm möchte ich an dieser Stelle ein großes Lob aussprechen. Es ist sehr durchdacht, gut aufgebaut, es bietet ein einheitliches Ausbildungsprogramm und wird von einer Hand voll sehr ‚dedicated‘ Kollegen geführt. Ich bin stolz darauf, ein Teil davon zu sein.

Ich würde mir weiterhin wünschen, dass diese Einheitlichkeit und der doch seriöse Aspekt beibehalten wird. Der Job als Umpire ist kein einfacher – und auch wenn nicht jeder es so ernst nimmt wie ich, zu verstehen was die Rolle eines guten Umpire ist und was es für unseren Sport ausmacht, ist wichtig. Ich denke unser Ausbildersystem verdeutlicht das – weiter so!

 

  • Das Interview führte Tim Meyer (Schiedsrichter-Vertreter im Ausschus für Bildung im DBV)